Außerordentliche Kündigung – Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern

Briefumschlag und ein Brief mit dem Wort "KÜNDIGUNG" auf einem Holztisch.
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Die außerordentliche Kündigung – oft auch fristlose Kündigung genannt – ist an besonders hohe rechtliche Hürden gebunden. Nicht zuletzt deswegen wird die außerordentliche Kündigung in der Regel als letztes Mittel eingesetzt, wenn ein Arbeitsverhältnis beendet wird. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten ihre Rechte und Pflichten genau kennen und prüfen, damit die fristlose Kündigung hieb- und stichfest ist.

Außerordentliche Kündigung: Das Wichtigste zusammengefasst

  • Im Unterschied zur ordentlichen Kündigung beendet die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis fristlos und mit sofortiger Wirkung.
  • Für eine außerordentliche Kündigung muss ein wichtiger Grund vorliegen, der eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht.
  • Die außerordentliche Kündigung muss binnen einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntwerden des wichtigen Grundes überstellt werden.
  • Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sind berechtigt, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.
  • Arbeitnehmer können und sollten mit einer Kündigungsklage gegen die außerordentliche Kündigung vorgehen, weil die Agentur für Arbeit eine Sperre für das Arbeitslosengeld verhängen kann.

Die außerordentliche Kündigung im Unterschied zur ordentlichen Kündigung

Umgangssprachlich wird die außerordentliche Kündigung auch als fristlose Kündigung bezeichnet. Der Gesetzgeber kennt diese Bezeichnung nicht, doch drückt sie bereits das wichtigste Merkmal der außerordentlichen Kündigung im Unterschied zur ordentlichen Kündigung aus. Die außerordentliche Kündigung kann von einem Tag auf den anderen und mit sofortiger Wirkung erfolgen – auch dann, wenn eigentlich eine Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag oder arbeitsrechtlich vorgesehen ist.

§ 622 BGB bildet die Grundlage für Kündigungen. In diesem Paragraphen sind auch die gesetzlichen Kündigungsfristen definiert. Diese kommen üblicherweise auch dann zum Tragen, wenn es im Arbeitsvertrag keine besonderen oder unzulässige Regelungen dazu gibt. So ist eine Kündigungsfrist unter der gesetzlich vorgesehenen Rahmenfrist unzulässig. Im Fall einer rechtskräftigen außerordentlichen Kündigung sind die Fristen jedoch außer Kraft gesetzt.

Sonderregelungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen

Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gelten besondere Regelungen bei einer außerordentlichen Kündigung und zusätzliche Genehmigungen sind erforderlich. 

So stehen schwerbehinderte Arbeitnehmer unter einem besonderen Schutz und vor einer außerordentlichen Kündigung muss gemäß § 85 SGB IX das Integrationsamt zustimmen. Das Integrationsamt prüft in diesem Fall vor allem, dass nicht die Behinderung selbst der Kündigungsgrund ist. Verweigert das Integrationsamt die Zustimmung, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegt und keine Alternative zur Kündigung besteht.

Auch während einer Schwangerschaft besteht nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG ein besonderer Schutz für Arbeitnehmerinnen – dieser gilt sowohl für ordentliche als auch für außerordentliche Kündigungen. Dieser Schutz endet nicht ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes, sondern besteht darüber hinaus für mindestens vier weitere Monate. Unter besonderen Umständen wie Frühgeburten, der Geburt eines Kindes mit Behinderung oder Mehrlingsgeburten kann sich die Frist verlängern. Es gibt jedoch Ausnahmen: Ist die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber absolut unzumutbar, kann die zuständige Landesbehörde eine Kündigung genehmigen.

Wichtige Gründe, Verhältnismäßigkeit und Interessenabwägung

Eine außerordentliche Kündigung ist nach § 626 BGB gerechtfertigt, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände und der Interessen beider Parteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Diese Regelung ist beabsichtigt vage formuliert, denn gewünscht und gefordert ist eine genaue Prüfung des Einzelfalls.

Eine zentrale Rolle bei der außerordentlichen Kündigung spielt das Vorhandensein eines wichtigen Grundes. In der Praxis werden drei Arten von Kündigungen unterschieden: betriebsbedingte, personenbedingte und verhaltensbedingte Kündigungen. Für außerordentliche Kündigungen spielen die ersten beiden jedoch kaum eine Rolle, da sie in der Regel zu hohe rechtliche Anforderungen stellen. Stattdessen sind bei einer fristlosen Kündigung meist verhaltensbedingte Gründe ausschlaggebend. So kann ein wichtiger Grund vorliegen, wenn ein Kraftfahrer alkoholisiert seiner Arbeit nachgeht, wenn die Verschwiegenheitspflicht verletzt wird oder wenn es zu Straftaten am Arbeitsplatz kommt.

Im Rahmen der Einzelfallprüfung muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass es kein milderes Mittel gibt als die außerordentliche Kündigung. Die Verhältnismäßigkeit der außerordentlichen Kündigung muss damit garantiert sein. Mildere Alternativen sind die Abmahnung sowie die ordentliche Kündigung. Zudem müssen die Interessen beider Seiten abgewägt werden, um eindeutig zu belegen, dass die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses das beste Mittel ist.

Übrigens: Auch wenn die außerordentliche Kündigung vom Arbeitnehmer ausgeht, muss ein wichtiger Grund vorliegen. Von Arbeitnehmerseite aus kann ein wichtiger Grund bestehen, wenn arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen nicht eingehalten werden oder wenn es trotz Abmahnung und Setzung einer Zahlungsfrist zu Lohnrückständen kommt.

Formelle Anforderungen an die außerordentliche Kündigung

Ist ein wichtiger Grund bekannt und geprüft, muss die außerordentliche Kündigung mit einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnisnahme des wichtigen Grundes formuliert und zugestellt werden. Wird die Frist nicht eingehalten, ist die Kündigung unzulässig. Die Frist soll Arbeitnehmer davor schützen, ständig eine Kündigung fürchten zu müssen. Es empfiehlt sich daher, Bekanntwerden und Prüfungsprozess des wichtigen Grundes detailliert zu dokumentieren und schriftlich festzuhalten, damit die Einhaltung der Frist im Fall der Fälle vor Gericht belegt werden kann.

Der Arbeitgeber kann auch zunächst eine Verdachtskündigung aussprechen, wenn die Vermutung besteht, dass das Vertrauensverhältnis durch eine schwerwiegende Pflichtverletzung erheblich beeinträchtigt wurde. Damit diese Kündigung rechtlich gültig ist, muss dem Arbeitnehmer jedoch vorher die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Hinweis: Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, muss dieser vor der Aussprache einer außerordentlichen Kündigung einbezogen und angehört werden. Wenn die Anhörung nicht den formalen Anforderungen entspricht, ist die Kündigung ungültig. Der Betriebsrat hat drei Tage Zeit, um seine Stellungnahme abzugeben.

Das Kündigungsschreiben

Die Kündigung an sich muss schriftlich erfolgen und vom Arbeitgeber oder von einer zur Kündigung berechtigten Person eigenhändig unterzeichnet werden. Der wichtige Grund muss im Kündigungsschreiben selbst nicht aufgeführt werden, es muss lediglich eindeutig kenntlich gemacht werden, dass es sich um eine außerordentliche Kündigung handelt. Der Arbeitgeber ist jedoch dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf Nachfrage den wichtigen Grund unverzüglich und schriftlich mitzuteilen.

In bestimmten Fällen kann sich die Angabe eines Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben aus der Vertragsart oder der Gesetzeslage ergeben. So zum Beispiel im Rahmen des Mutterschutzgesetzes (MuSchG). Kündigungen gegenüber schwangeren Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung sind grundsätzlich unzulässig. Es sei denn, sie werden ausnahmsweise von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt.

Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, im Kündigungsschreiben darauf hinzuweisen, dass der Arbeitnehmer sich unverzüglich bei der Agentur zur Arbeit als arbeitssuchend melden muss und dazu verpflichtet ist, aktiv nach einer neuen Arbeitsstelle zu suchen. Es ist ratsam, eine Vorlage für die außerordentliche Kündigung mit einer entsprechenden Formulierung auszuwählen, um dieser Hinweispflicht nachzukommen.

Die hilfsweise ordentliche Kündigung

An eine außerordentliche Kündigung stellt der Gesetzgeber besonders hohe Hürden. Überdies wird Arbeitnehmern dazu geraten, gerichtlich gegen die außerordentliche Kündigung vorzugehen. Es besteht daher stets das Risiko, dass die Kündigung einer gerichtlichen Prüfung nicht standhält. Darum ist es für Arbeitgeber ratsam, das Kündigungsschreiben mit einem provisorischen ordentlichen Kündigungsschreiben zu verknüpfen und das Arbeitsverhältnis auf diese Weise gleichzeitig auf dem üblichen Wege zu kündigen. Bei der Auswahl einer Vorlage für die außerordentliche Kündigung sollte direkt darauf geachtet werden, dass das Schreiben einen solchen Hinweis enthält.

Aufgrund der hohen rechtlichen Hürden und der besonderen formellen Anforderungen ist es immer ratsam, gute Muster und Vorlagen für die außerordentliche Kündigung zu nutzen. Musterschreiben gibt es oft als praktische Downloads. 

Eine Vorlage für eine außerordentliche Kündigung kann wie folgt aussehen:


Außerordentliche Kündigung

Name und Anschrift Arbeitgeber

Frau/Herr

Name und Anschrift Arbeitnehmer

Ort, Datum

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrte(r) Frau/Herr,

mit sofortiger Wirkung kündigen wir das zwischen (Unternehmensname) und Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam sein sollte, kündigen wir Ihr Arbeitsverhältnis vorsorglich hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum … .

Wir weisen darauf hin, dass Sie dazu verpflichtet sind, sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnisname des Beendigungszeitraums persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Um die Frist zu wahren, reicht eine Anzeige unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes aus, vorausgesetzt, die persönliche Meldung wird nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt. Kommen Sie Ihrer Verpflichtung nicht fristgerecht nach, ist mit Nachteilen im Hinblick auf das Arbeitslosengeld zu rechnen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder von uns in Aussicht gestellt wird.

Ferner sind Sie verpflichtet, aktiv nach einem neuen Beschäftigungsverhältnis zu suchen.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift Arbeitgeber/Unterzeichnungsberechtigter

Empfangsbestätigung

Die Kündigung wurde am ………… ausgehändigt.

Unterschrift Arbeitnehmer


Übergabe der außerordentlichen Kündigung

Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass er die Kündigung im Rahmen der Zwei-Wochen-Frist zugestellt hat und der Arbeitnehmer die Kündigung tatsächlich erhalten hat. Darum empfiehlt es sich, die Kündigung persönlich zu überreichen und sich den Empfang quittieren oder gegenzeichnen zu lassen. Eine Alternative ist die Zustellung der Kündigung per Einschreiben.

Was Arbeitnehmer wissen müssen

Der Verlust des Arbeitsplatzes kann eine schwere Belastung sein und eine außerordentliche Kündigung kann zudem weitere schwerwiegende Folgen haben. Dazu kann eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld gehören. Die Bundesagentur für Arbeit verhängt eine bis zu 12 Wochen dauernde Sperrzeit, da sie bei einer außerordentlichen Kündigung davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer „vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt“ hat (§ 159 I SGB III). Deswegen wird Arbeitnehmern geraten, eine außerordentliche Kündigung nicht widerspruchslos zu akzeptieren. Wird eine Kündigungsschutzklage eingereicht und das Gericht entscheidet, dass die Kündigung unrechtmäßig war, entfällt die Sperrfrist.

Grundsätzlich sind Kündigungen – insbesondere die außerordentliche Kündigung – mit hohen rechtlichen Anforderungen verbunden, die im Einzelfall geprüft werden müssen. Arbeitgeber sprechen manchmal eine außerordentliche Kündigung aus, in der Hoffnung, dass der Arbeitnehmer diese stillschweigend akzeptiert. Wenn der Arbeitnehmer widerspricht, wird die Kündigung häufig in eine ordentliche Kündigung umgewandelt.

Fazit

Die außerordentliche Kündigung stellt ein entscheidendes, aber komplexes rechtliches Instrument im Arbeitsrecht dar, das sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von großer Bedeutung ist. Sie dient als letztes Mittel zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, wenn schwerwiegende Gründe die weitere Zusammenarbeit unzumutbar machen. Die strikten gesetzlichen Vorgaben und die Notwendigkeit einer gründlichen Dokumentation und Einhaltung von Fristen unterstreichen die Wichtigkeit einer genauen Kenntnis der Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien.

Für Arbeitgeber ist es essentiell, dass sie nicht nur die gesetzlichen Grundlagen genau beachten, sondern auch den Umgang mit Sonderregelungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen meistern. Die korrekte Anwendung und Durchführung einer solchen Kündigung kann maßgeblich dazu beitragen, kostspielige Rechtsstreitigkeiten und mögliche Schadensersatzforderungen zu vermeiden. Es wird empfohlen, sich im Vorfeld ausreichend beraten zu lassen und in zweifelhaften Fällen mildere Maßnahmen wie Abmahnungen zu erwägen.

Arbeitnehmer hingegen sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass sie im Falle einer außerordentlichen Kündigung nicht schutzlos sind. Sie haben das Recht, die Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen und sollten sich umgehend rechtlichen Beistand suchen, um ihre Interessen zu wahren. Insbesondere die Möglichkeit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld macht eine schnelle Reaktion notwendig.

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